Die Vertrauensperson ist nicht allein: Wahl und Rolle der SBV Stellvertretung 

Nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vertritt der Stellvertreter die Vertrauensperson im Falle ihrer Verhinderung. Verhindert ist die Vertrauensperson bei Abwesenheit, oder bei Wahrnehmung anderer Aufgaben. Das heißt, der Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung ist kein reiner Abwesenheitsvertreter. Vielmehr wird er auch dann tätig, wenn die Verhinderung darin liegt, dass die Vertrauensperson zeitgleich bereits mit anderen Aufgaben beschäftigt ist. Neben der Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen muss auch immer mindestens ein Stellvertreter der SBV gewählt werden (§ 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX), der die Vertrauensperson im Fall der Verhinderung vertritt. Die Wahl weiterer Stellvertreter kann beschlossen werden. Die Entscheidung darüber trifft im förmlichen Wahlverfahren der Wahlvorstand nach Erörterung dieser Frage mit der amtierenden Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebsrat bzw. Personalrat und dem Arbeitgeber (§ 2 Abs. 4 SchwbVWO). Im vereinfachten Wahlverfahren beschließt die Wahlversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit über die Zahl der SBV Stellvertreter (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SchwbVWO).

SBV-Tipp

In der Praxis haben sich wenigstens zwei Stellvertreter bewährt, um eine lückenlose Interessenvertretung der schwerbehinderten Beschäftigten zu gewährleisten. 

Was sind die Aufgaben der Stellvertretung?

Der Stellvertreter vertritt die Vertrauensperson im Falle der Verhinderung (§ 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX); so z. B. bei Abwesenheit wegen Urlaub, Krankheit, etc., oder bei Verhinderung aufgrund der Wahrnehmung anderer Aufgaben im Betrieb bzw. in der Dienststelle. Gleiches gilt auch bei Verhinderung durch Befangenheit aufgrund individueller und unmittelbarer Betroffenheit der Vertrauensperson.

 

Von der Vertretung unterscheidet man die Heranziehung des Stellvertreters zur Unterstützung der Vertrauensperson. Die Heranziehung erfolgt nur in größeren Betrieben mit einer erheblichen Zahl schwerbehinderter Beschäftigter, weil dort die Aufgabenbelastung der Schwerbehindertenvertretung gewöhnlich umfangreicher und zeitintensiver ist. Konkret kann in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 schwerbehinderten bzw. gleichgestellten Menschen das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied herangezogen werden; bei mehr als 200 Schwerbehinderten bzw. Gleichgestellten auch der mit der zweithöchsten Stimmenzahl gewählte weitere Stellvertreter; bei mehr als 300 auch der 3. usw. (§ 178 Abs. 1 Satz 4 bis 6 SGB IX). Die Entscheidung über die Heranziehung liegt bei der Schwerbehindertenvertretung. Dazu bedarf es keiner Genehmigung durch den Arbeitgeber. Dieser muss lediglich darüber informiert werden.

Wie wird der Stellvertreter gewählt?

Für das Amt des Stellvertreters werden eigene, separate Wahlvorschläge beim Wahlvorstand eingereicht bzw., im vereinfachten Wahlverfahren, direkt auf der Wahlversammlung abgegeben. Bei der Stimmabgabe können Wähler dann je eine Stimme für die Vertrauensperson und eine Stimme für den Stellvertreter vergeben. Wenn mehr als ein Stellvertreter zu wählen ist, kann jeder Wähler entsprechend vielen Bewerbern für das Stellvertreteramt jeweils eine Stimme geben. Die Reihenfolge der Stellvertreter bestimmt sich nach der Zahl der jeweils auf ihre Person entfallenen Wählerstimmen.

Was tun, wenn sich kein Kandidat für den Stellvertreter findet? 

Im vereinfachten Verfahren werden die Wahlvorschläge direkt auf der Wahlversammlung abgegeben und im Anschluss wird gleich gewählt. Gibt es keinen gültigen Wahlvorschlag für den Stellvertreter, dann ist das Ergebnis ganz einfach: Dieser Posten bleibt unbesetzt. Auf die Wahl der Vertrauensperson hat das keinen Einfluss. Denn diese kann auch ohne Stellvertreter existieren.

Geht im förmlichen Verfahren innerhalb der normalen Einreichungsfrist (= zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens) kein gültiger Wahlvorschlag für das Amt des Stellvertreters ein, so muss der Wahlvorstand zunächst eine Nachfrist von einer Woche für die Einreichung von Stellvertreter-Vorschlägen setzen. Hilft auch das nichts, bleibt hier ebenfalls der Stellvertreterposten einfach unbesetzt.

Eine Vertrauensperson ohne Stellvertreter ist kein optimaler Dauerzustand.

Denn spätestens während des Jahresurlaubs der Vertrauensperson wären die schwerbehinderten Kollegen im Betrieb ohne SBV-Unterstützung. Deshalb gilt es, weiter nach Willigen für den Stellvertreterposten zu suchen. Denn: Es ist möglich, nur den Stellvertreter in einer Nachwahl zu wählen.

Eine solche Nachwahl ist nur erlaubt, wenn noch gar kein Stellvertreter gewählt wurde (oder keiner mehr existiert). Die Amtszeit dieses „Nachgewählten“ dauert dann noch genauso lange wie die der amtierenden Vertrauensperson. Sind mehrere Stellvertreterposten vorgesehen (z. B. zwei), aber zu wenige Bewerber dafür vorhanden (z. B. nur einer), dann werden einfach weniger Stellvertreter gewählt als ursprünglich vorgesehen. Eine Nachwahl von weiteren Stellvertretern ist hier allerdings nicht möglich! 

Sonderfall: Nachrücken und Nachwahl

Scheidet die Vertrauensperson vorzeitig aus dem Amt aus, so rückt der erste Stellvertreter nach. Rückt der einzige Stellvertreter in die Funktion der Vertrauensperson nach oder scheidet er vorzeitig aus dem Amt aus, dann ist die Nachwahl eines oder mehrerer Stellvertreter erforderlich (§ 17 SchwbVWO).

 

Schutz muss sein: Auch der Stellvertreter genießt besonderen Kündigungsschutz!

Dieser Schutz greift für den Fall der Vertretung oder Heranziehung (§ 179 Abs. 3 Satz 2 SGB IX). Er besteht auch nach Beendigung der Vertretung oder Heranziehung in beiden Fällen für ein Jahr fort (§ 15 Abs. 2 Satz 2 KSchG, über die Brücke des § 179 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 SGB IX). 

Gut zu wissen: Die Stellvertretung der SBV hat einen eigenen Schulungsanspruch

Der erste SBV-Stellvertreter hat, ebenso wie die Vertrauensperson, einen eigenen Anspruch auf den Besuch aller Schulungen, die für seine SBV-Arbeit erforderlich sind (§ 179 Abs. 4 Satz 3 SGB IX); also immer, wenn die in der Schulung vermittelten Kenntnisse für die ordnungsgemäße Erfüllung der anstehenden SBV-Aufgaben benötigt werden und dieses Wissen noch nicht vorhanden ist.

Im Gesetz ist zudem klargestellt, dass der Arbeitgeber bei allen Stellvertreterschulungen dieselbe Kostentragungspflicht hat wie bei Schulungen der Vertrauensperson (§ 179 Abs. 8 Satz 2 SGB IX).

Die zweiten, dritten und weiteren Stellvertreter haben einen gesetzlichen Schulungsanspruch, sobald ihnen SBV-Tätigkeiten zur eigenständigen Erledigung übertragen werden (siehe oben, „Heranziehung des Stellvertreters“). Doch auch wenn kein gesetzlicher Schulungsanspruch gegeben ist, sind Schulungen der zweiten und weiteren Stellvertreter nützlich und sinnvoll. Vor allem der zweite Stellvertreter kann schnell in die Situation kommen, dass er vertretungsweise einspringen muss und braucht dann entsprechendes Wissen.

    

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