Häufig gestellte Fragen zur SBV-Wahl
Schnelle Antworten zu den wichtigsten Fragen für den Schwerbehindertenverter und Stellvertreter
Sie haben eine ganz bestimmte Frage oder möchten sich schnell zu einem Teilaspekt der SBV Wahl informieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten für den Schwerbehindertenvertreter und Stellvertreter haben wir hier für Sie zusammengestellt. Stöbern Sie in unseren FAQs und machen Sie sich schlau!
Digitale Wahlversammlung
Die herrschende Meinung geht derzeit davon aus, dass dieses Format nicht zulässig ist. Die Wahlversammlung findet in Präsenz statt (§ 19 SchwbVWO) oder mittels Video- und Telefonkonferenz (§ 20 Abs. 5 SchwbVWO).
Eine 100%-ige Sicherheit kann es nicht geben. Jedoch sollten die Wahlberechtigten zu Beginn der digitalen Wahlversammlung angehalten werden, im Chat eine entsprechende Bestätigung abzugeben, dass keine unbefugten Dritten vom Inhalt der Sitzung Kenntnis nehmen können und dass keine Aufzeichnung stattfindet.
Je nach Anzahl der Wahlberechtigen empfiehlt es sich, auf der Wahlversammlung Wahlhelfer zu wählen, die die Wahlleitung bei den anstehenden Aufgaben unterstützen (z. B. Zusammenstellen und Versenden der Briefwahlunterlagen). Denkbar wäre auch, dass die Wahlberechtigten eine Stellvertretung für die Wahlleitung wählen, falls diese am Tag der Stimmauszählung verhindert ist (z. B. Urlaub).
Die Teilnahme an der digitalen Wahlversammlung ist wünschenswert, aber keine Voraussetzung, um an der sich anschließenden Briefwahl teilzunehmen. Eine derartige Voraussetzung ist nirgends explizit festgeschrieben. Deshalb, und auch um die SBV durch eine möglichst breite Wählerunterstützung zu stärken, sollten allen Wahlberechtigten die Briefwahlunterlagen zugehen. Aus organisatorischen Gründen und um sicherzustellen, dass alle Wahlberechtigten die Briefwahlunterlagen erhalten, empfiehlt sich der postalische Versand der Unterlagen.
Aus dem Verweis in § 20 Absatz 5 SchwbVWO auf § 11 SchwbVWO ergibt sich, dass im Falle einer digitalen Wahlversammlung die nachgelagerte Briefwahl auf einem Stimmzettel durchgeführt wird, in dem getrennt die Stimmabgabe für die Vertrauensperson und für die Stellvertreter erfolgt. § 11 SchwbVWO spricht von „dem Stimmzettel und dem Wahlumschlag“.
Die Briefwahl ist bei der digitalen Wahlversammlung zwingend, §§ 20 Abs. 5, 11 SchwbVWO. Daher benötigt die Wahlleitung die aktuellen Adressen der Wahlberechtigten. Als Grundlage dient das Verzeichnis der schwerbehinderten und gleichgestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, § 163 Abs. 1, 2 SGB XI. Der Arbeitgeber hat der Wahlleitung diese zur Verfügung zu stellen, ansonsten würde er die Wahl behindern, § 177 Abs. 6 SGB IX i. V. m. § 20 BetrVG. Unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist die Übermittlung der Beschäftigtendaten zulässig, da der Arbeitgeber hier seiner Pflichterfüllung nachkommt, § 26 Abs. 3 BDSG.
Ja, nach § 13 Abs. 1 SchwbVWO findet die Auszählung öffentlich statt. Datum, Ort und Zeitpunkt werden in der Einladung zur digitalen Wahlversammlung kommuniziert.
Wichtig: frühzeitig die entsprechenden Räumlichkeiten buchen.
Grundlagen zur SBV-Wahl
Nach § 177 I SGB IX müssen mindestens fünf schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend im Betrieb beschäftigt sein. Eine vorübergehende Beschäftigung bedeutet eine Beschäftigung von maximal 8 Wochen nach § 156 III SGB IX.
Ab der Anerkennung im Feststellungsbescheid (§ 151 II SGB IX) mit Rückwirkung (§ 152 I SGB IX) auf den Zeitpunkt der Antragstellung, gilt ein Arbeitnehmer als gleichgestellt. Die Gleichstellung entfällt im Falle eines Widerrufs des Feststellungsbescheids erst mit Ablauf des dritten Kalendermonats ab dem Zeitpunkt des Bescheides über den Widerruf, der sogenannten Nachfrist.
Grundsätzlich gilt:
1 Betrieb – 1 Schwerbehindertenvertretung. Hierbei ist sich am Wahlkreis der BR-Wahl zu orientieren.
Ausnahmen:
- wenn ein Betrieb eine SBV wählt, aber keinen Betriebsrat hat. Das wesentliche Kriterium hierbei ist eine einheitliche Leitung aller Arbeitsstätten, soweit die Beurteilung des Betriebsbegriffs nur für die SBV-Wahl vorgenommen wird.
- ein Betrieb mit weniger 5 Wahlberechtigten.
Grundsätzlich gilt:
Alle im Betrieb beschäftigten, schwerbehinderten, bzw. gleichgestellten Arbeitnehmer (§§ 177 II, 151 III SGB IX), Leiharbeitnehmer, Arbeitnehmer mit einer AU und Arbeitnehmer mit einem sogenannten ruhenden Arbeitsverhältnis mit der Möglichkeit einer Wiederaufnahme (z.B. Elternzeit, Beurlaubung oder sog. Sabbatical), sind aktiv wahlberechtigt. Neu: auch Werkstattbeschäftigte sind aktiv wahlberechtigt, jedoch besitzen sie kein passives Wahlrecht, dürfen also nicht gewählt werden.
Ausnahme:
Arbeitnehmer mit Altersteilzeit (Blockmodell) in der Freistellungsphase mit nachfolgendem Ruhestand und Beschäftigte mit Werkverträgen.
Grundsätzlich gilt:
Alle am Wahltag volljährigen, im Betrieb nicht nur vorübergehend Beschäftigten mit einer mindestens 6-monatigen Betriebszugehörigkeit in einem, bereits seit 1 Jahr bestehenden Betrieb, sind passiv wahlberechtigt. Die Frage nach der Schwerbehinderung, bzw. Gleichstellung ist hier irrelevant (§§ 177 III SGB IX).
Ausnahmen:
- Arbeitnehmer, die für maximal 8 Wochen beschäftigt sind
- Leiharbeitnehmer (§ 14 II 1 AÜG)
- leitende Angestellte und Inklusionsbeauftragte
Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung ist eine reine Personenwahl (Mehrheitswahl) und keine Listenwahl (Verhältniswahl). Deshalb erfolgt auch keine Aufstellung von Vorschlagslisten.
Grundsätzlich gilt: Die ordentliche Wahl der SBV findet alle 4 Jahre im Zeitraum 1.10. bis 30.11. (§ 177 V SGB IX) statt.
Ausnahme: Ist die amtierende Vertrauensperson zu diesem Zeitpunkt weniger als ein Jahr im Amt, muss nicht neu gewählt werden. Stichtag der Berechnung ist hier der 1.10. (§ 177 Abs. 5 Satz 4 SGB IX).
Nach § 177 VI SGB IX handelt es sich bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung um eine geheime und unmittelbare Wahl. Das heißt, dass es eine vertrauliche Stimmabgabe (ohne irgendeine Form der Wahlüberwachung) gibt und die Wahlberechtigten direkt die Vertrauensperson (und eventuelle Stellvertreter) ohne Wahlmänner wählen.
Die Art des Wahlverfahrens ist gesetzlich zwingend in § 177 VI SGB IX vorgegeben. Der gesetzlich gedachte Regelfall sieht das förmliche Wahlverfahren nach §§ 177 VI SGB IX, 1 ff. SchwbVWO, vor. In der Praxis kommt es allerdings überwiegend zum vereinfachten Wahlverfahren, da hier gilt, dass weniger als 50 Wahlberechtigte in einem Betrieb angestellt sind (§§ 177 VI 3 SGB IX, 18 ff. SchwbVWO).
Wichtig:
Das Wahlverfahren ist auch nicht durch einstimmigen Beschluss aller Wahlberechtigten veränderbar.
Das Ende der Wahl
Bei Stimmgleichheit entscheidet nach § 13 II 2, III 2 SchwbVWO) das Los. Das ist sinnvoll, weil somit ein rein zufälliges Ergebnis herbeigeführt werden kann, um die Patt-Situation aufzulösen. Ein Münzwurf wäre hier ein geeignetes Mittel, wohingegen das Ziehen von Streichhölzern u.Ä. ungeeignet ist.
Wenn die gewählte Vertrauensperson die Wahl nicht annimmt, rückt automatisch der Bewerber mit den zweitmeisten Stimmen nach. Voraussetzung hierbei ist, dass die Ablehnung der Wahl ausdrücklich und innerhalb von drei Arbeitstagen nach Zugang der Benachrichtigung erfolgt. Eine nach Ablauf dieser Frist erfolgte Ablehnung stellt in Wirklichkeit einen Rücktritt dar. In diesem Fall rückt der gewählte Stellvertreter nach.
Die gewählten Personen sind gegen Empfangsbekenntnis über das Wahlergebnis zu unterrichten. Dieser Zeitpunkt löst zugleich die Frist für die Ablehnung der Wahl aus. Anschließend sind nach endgültigem Wahlergebnis der Betriebsrat und der Arbeitgeber zu unterrichten und das endültige Wahlergebnis ist durch zweiwöchigen Aushang - wie bereits beim Wahlausschreiben - zu verkünden.
Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung kann nicht automatisch angefochten werden. Kumulative Voraussetzungen für eine Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 BetrVG, § 177 VI 2 SGB IX sind:
Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren
Keine Berichtigung dieses Verstoßes
Die Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses
Folgende unbekanntere Anfechtungsgründe können sein:
- Beschäftigte von Kleinstbetrieben wurden nicht in die Wählerliste des Hauptbetriebs aufgenommen
- Die Stimmabgabe erfolgte im vereinfachten Wahlverfahren durch Zuruf oder Handheben in der Wahlversammlung
- Das Wahlausschreiben war unvollständig oder nicht in allen Betriebsteilen ausgehängt
Die Wahl kann nicht mehr gerettet werden, wenn der Verstoß so stark und offenkundig gegen das Wahlrecht war, dass nicht einmal mehr der Schein einer regulären Wahl gegeben ist (z.B. bei Ausschluss der Angehörigen bestimmter Betriebsteile oder Personengruppen von der Wahl).
Die Werkstattwahl
Hier finden Sie eine Auflistung der Kriterien zur Ausübung des Wahlrechts bei Werkstattbeschäftigten/Heimbewohnern. Einschränkungen können sich für diejenigen Personen ergeben, die auch mit Unterstützung keine eigene willentliche Wahlentscheidung treffen können.
Die Richter betonen in ihrem Beschluss vom 23.10.2024, „dass Sinn und Zweck der Regelungen zur Schwerbehindertenvertretung für die Wahlberechtigung der schwerbehinderten Werkstattbeschäftigten sprechen“ würden: Der Gesetzgeber beschränkt die Schwerbehindertenvertretung nicht auf die Interessenwahrung der schwerbehinderten Arbeitnehmer, sondern erstreckt sie auf die Vertretung der Interessen aller schwerbehinderten Menschen in dem Betrieb. Zu diesen gehören die Werkstattbeschäftigten. Aus Gründen demokratischer Legitimation ist es daher angezeigt, ihnen das aktive Wahlrecht zu dem Organ zuzuerkennen, das ihre besonderen Interessen als Schwerbehinderte wahrzunehmen hat.“
In dem künftigen „Nebeneinander“ von SBV und Werkstattrat und deren ggf. überschneidenden Aufgabenfeldern sieht das Gericht kein Problem: „Eine Repräsentanz der schwerbehinderten Werkstattbeschäftigten durch die Schwerbehindertenvertretung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil für diese Beschäftigtengruppe die Regelungen der §§ 219 ff. SGB IX (Werkstätten für behinderte Menschen) gelten“ und sie besondere Mitwirkungsrechte durch die Bildung von Werkstatträten haben (§ 222 Abs. 1 SGB IX). Diese besondere Beteiligungsform ist dem Umstand geschuldet, dass Werkstattbeschäftigte nicht unter den „Schutz“ und Anwendungsbereich des BetrVG bzw. PersVG fallen und entsprechend auch nicht darüber repräsentiert werden. „Bei den Werkstatträten handelt es sich aber nicht um eine gegenüber der Schwerbehindertenvertretung speziellere und ausschließliche Interessenvertretung“, so die Richter. Vielmehr stehen diese gleichrangig nebeneinander.
Hier erläutern die Richter in ihrem Beschluss vom 23.10.2024: „Werkstattrat und Schwerbehindertenvertretung vertreten die Interessen von Personengruppen, die sich nur zum Teil überschneiden: Der Werkstattrat vertritt nach § 222 Abs. 1 SGB IX die Interessen der behinderten Menschen im Arbeitsbereich (§ 58 SGB IX) unter Berücksichtigung der Interessen der im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich (§ 57 SGB IX) tätigen behinderten Menschen, solange für diese eine Vertretung nach § 52 SGB IX nicht besteht. Demgegenüber vertritt die Schwerbehindertenvertretung die individuellen und kollektiven Interessen sämtlicher schwerbehinderter und diesen gleichgestellten Menschen im Betrieb“.
Es sei kein Grund ersichtlich, „warum die SBV nicht auch für schwerbehinderte Werkstattbeschäftigte die Durchführung der zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Vorschriften überwachen oder Anregungen und Beschwerden dieser Personengruppe entgegennehmen sollte.“
Das Gericht verweist hier auf die Parallelen zu den vergleichbaren Aufgaben eines Betriebsrates im Zusammenhang mit schwerbehinderten Arbeitnehmern (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4, § 84 BetrVG).
Kompetenzüberschneidungen und -konflikte sollen im Sinne des vertrauensvollen Zusammenarbeitsgebots nach § 8 Abs. 1 Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) gelöst werden, so die Richter in ihrer Urteilsbegründung.