Wahl der Schwerbehindertenvertretung: Wann greift das vereinfachte Wahlverfahren?

Für viele Betriebe reicht das vereinfachte Wahlverfahren bei der SBV-Wahl vollkommen aus. Der Ablauf ist klar definiert: Alle Wahlberechtigten treffen sich auf einer Wahlversammlung, machen dort ihre Wahlvorschläge, geben ihre Stimme ab und das war es (fast) auch schon – sehr vereinfacht ausgedrückt. Das funktioniert aber nur, wenn die Zahl und örtliche Verteilung der Wahlberechtigten überschaubar ist. Deshalb ist das vereinfachte Wahlverfahren bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung nur anzuwenden, wenn weniger als 50 Wahlberechtigte vorhanden sind und der Betrieb nicht aus räumlich weit auseinander liegenden Teilen besteht. Diese „räumliche Nähe“ verlangt das Gesetz für das vereinfachte Wahlverfahren, weil es trotz einer überschaubaren Anzahl von Wahlberechtigten aufgrund der Entfernung der Betriebsteile schwierig sein kann, die gleiche Beteiligung aller Wahlberechtigten bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung sicher zu stellen.

So funktioniert das vereinfachte Wahlverfahren:

 

Die Einladung zur Wahlversammlung für die SBV-Wahl

Im vereinfachten Wahlverfahren bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung wird unmittelbar in einer Wahlversammlung gewählt. Wer dazu einladen darf, hängt davon ab, ob es eine (noch) amtierende Schwerbehindertenvertretung im Betrieb gibt oder nicht.

Szenario 1: Es gibt eine Schwerbehindertenvertretung

Gibt es eine SBV, so hat sie die Wahlberechtigten spätestens drei Wochen vor Ablauf ihrer Amtszeit durch Aushang oder sonst in geeigneter Weise zur Wahlversammlung einzuladen. Der Termin für die Wahlversammlung sollte möglichst eine Woche vor Ablauf der Amtszeit der bisherigen Schwerbehindertenvertretung liegen. Hinsichtlich der Form wäre beispielsweise auch eine mündliche Einladung oder eine Einladung per E-Mail möglich. Empfehlenswert ist (zusätzlich) ein schriftlicher und unterschriebener Aushang, um im Falle einer Anfechtung die ordnungsgemäße und rechtzeitige Einladung nachweisen zu können. Eine zwingend einzuhaltende Frist zwischen der Einladung und der Wahlversammlung selbst sieht das Gesetz nicht vor. Sie muss so rechtzeitig erfolgen, dass alle Wahlberechtigten teilnehmen können (etwa zwei Wochen vor der Wahlversammlung).

Szenario 2: Es gibt keine Schwerbehindertenvertretung

Ist in einem Betrieb keine SBV vorhanden, so können entweder drei Wahlberechtigte, der Betriebsrat, oder das Integrationsamt zur Wahlversammlung einladen. Auch hier ist weder eine Frist noch eine feste Form für die Einladung vorgeben. Diese Einladung muss so rechtzeitig erfolgen und so bekannt gemacht werden, dass alle Wahlberechtigten teilnehmen können (z.B. schriftlicher Aushang ca. zwei Wochen vor dem Termin).

Das müssen Sie beachten!

Der Aushang mit der Einladung zur Wahl muss für die Wahlberechtigten barrierefrei zugänglich sein. Die Einladung kann auch in elektronischer Form erfolgen, wenn alle Wahlberechtigten über einen entsprechenden Zugang zu den gewählten Medien verfügen. Wer zur Wahlversammlung einlädt, muss auch die entsprechenden Vorbereitungen treffen!

Tipps für die Vorbereitung der Wahlversammlung

Der Termin steht fest, die Einladung ist erfolgt – als nächstes sollten Sie Ihre Wahlversammlung gut vorbereiten. Wichtig ist, dass die Wahl barrierefrei durchgeführt werden muss. Denken Sie bei der Vorbereitung an folgende Punkte:

  • Geeignete Räumlichkeiten reservieren und ausschildern.
  • Wahlkabinen oder ähnliche Gelegenheiten zum unbeobachteten Ausfüllen der Stimmzettel einrichten.
  • Blankounterlagen für die Stimmzettel (getrennt für das Amt der Vertrauensperson und des Stellvertreters), Wahlumschläge, Stifte und eine Wahlurne besorgen.
  • Kopiermöglichkeit in der Nähe des Wahllokals für die Stimmzettelvorlagen erkunden.
  • Verzeichnis der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Beschäftigten vom Arbeitgeber einholen, um die Wahlberechtigung der in der Wahlversammlung Anwesenden feststellen zu können.

Stellen Sie sich bei der Auswahl des Raums je nach Behinderungsgrad der Wahlberechtigten folgende Fragen:

  • Ist ein barrierefreier Zugang gewährleistet?
  • Sind behindertengerechte Toiletten in zumutbarer Entfernung erreichbar? 
  • Muss das Brandschutz- bzw. Covid-Hygienekonzept angepasst werden?

 

Wahlleitung und Wahlhelfer

Die Wahl wird von einem Wahlleiter geleitet. Dieser wird in der Versammlung von den anwesenden Wahlberechtigten mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Wahlleiter kann, muss aber nicht selbst wahlberechtigt sein. Als erste Amtshandlung prüft er die Wahlberechtigung der Anwesenden. Wenn es notwendig ist, kann die Wahlversammlung Wahlhelfer bestimmen.

Barrierefreie Stimmabgabe

Die Wahlordnung sieht vor, dass Wähler, die infolge ihrer Behinderung bei der Stimmabgabe beeinträchtigt sind, eine Person zur Unterstützung hinzuziehen dürfen (§ 10 Abs. 4 SchwbVWO). Es genügt, wenn der Betroffene im Wahlraum diese Person benennt und kurz darlegt, warum er in der Stimmabgabe beeinträchtigt ist. Einer detaillierten Darstellung des Krankheitsbildes bedarf es nicht, schon allein aus Datenschutzgründen.

Achtung!

Die Hilfsperson darf nur den Willen des Wahlberechtigten ausführen. Sie darf ihn weder beraten noch Vorschläge zur Stimmabgabe unterbreiten. Wahlvorstand, Wahlhelfer oder Kandidaten für das Amt der SBV bzw. Stellvertretung dürfen nicht als Hilfsperson tätig werden.

Häufige Fragen zum vereinfachten Wahlverfahren

Die Politik hat auf die besonderen Umstände der Corona-Pandemie reagiert und im vereinfachten Wahlverfahren die Möglichkeit eröffnet, die Wahlversammlung per Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen. Dazu wurde § 28 der Wahlordnung (SchwbVWO) geändert. Die Geladenen müssen bei der SBV-Wahl im vereinfachten Verfahren nicht anwesend sein. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis erlangen. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. Entscheidet sich die amtierende SBV für eine „digitale“ Wahlversammlung, hat die eigentliche Stimmabgabe im Weg der Briefwahl nach § 11 SchwbVWO zu erfolgen. Diese Vorgehensweise gestattet der Gesetzgeber bis einschließlich 19. März 2022, sie gilt also aktuell nur für außerordentliche SBV- oder Stellvertreterwahlen. Es bleibt abzuwarten, ob die Wahlordnung im Jahr 2022 für die ordentliche SBV-Wahl im Herbst 2022 noch geändert wird.  

Die Art des Wahlverfahrens ist gesetzlich zwingend in § 177 VI SGB IX vorgegeben. Der gesetzlich gedachte Regelfall sieht das förmliche Wahlverfahren nach §§ 177 VI SGB IX, 1 ff. SchwbVWO, vor. In der Praxis kommt es allerdings überwiegend zum vereinfachten Wahlverfahren, da hier gilt, dass weniger als 50 Wahlberechtigte in einem Betrieb angestellt sind (§§ 177 VI 3 SGB IX, 18 ff. SchwbVWO).

Wichtig:

Das Wahlverfahren ist auch nicht durch einstimmigen Beschluss aller Wahlberechtigten veränderbar.

Grundsätzlich gilt:

Die ordentliche Wahl der SBV findet alle 4 Jahre im Zeitraum 1.10. bis 30.11. (§ 177 V SGB IX) statt.

Ausnahme: 

Ist die amtierende Vertrauensperson zu diesem Zeitpunkt weniger als ein Jahr im Amt, muss nicht neu gewählt werden. Stichtag der Berechnung ist hier der 1.10.

   

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