Werkstattbeschäftigte sind bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung wahlberechtigt.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass schwerbehinderte Menschen, die in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten (sog. Werkstattbeschäftigte), bei der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung wahlberechtigt sind.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 23.10.2024, 7 ABR 36/23 

Das ist passiert:
Im vorliegenden Fall sind zwischen 200 und 300 Menschen mit Behinderung in den unterschiedlichsten Bereichen der Werkstatt beschäftigt, ca. 150 von ihnen haben eine anerkannte Schwerbehinderung. Bei der letzten ordentlichen SBV-Wahl 2022 waren diese nicht in der Wählerliste aufgeführt worden. Drei wahlberechtigte schwerbehinderte Arbeitnehmer hatten daraufhin die Wahl angefochten, weil die Werkstattbeschäftigten nicht auf der Wählerliste aufgeführt waren und somit nicht an der Wahl teilnehmen konnten. Das BAG wies wie die Vorinstanzen die Beschwerde des Arbeitgebers zurück.

Das sagt das Gericht:
Nach § 177 Abs. 2 SGB IX sind alle in dem Betrieb (oder der Dienststelle) „beschäftigten schwerbehinderten Menschen“ zu den Wahlen der Vertrauensperson und wenigstens eines stellvertretenden Mitglieds aktiv wahlberechtigt. Das schließt nach dem Zweck der Norm die schwerbehinderten Werkstattbeschäftigten ein. Die Norm knüpft nicht an den Arbeitnehmerbegriff des § 5 BetrVG an, sondern an den Begriff des „Beschäftigten“; darunter fallen auch Werkstattbeschäftigte. Diese werden auf der Grundlage einer Vereinbarung, eines sog. Werkstattvertrags, fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit „beschäftigt“. Eine Beschäftigung setzt ein Arbeitsverhältnis nicht zwingend voraus. 

Bedeutung für die Praxis:
Das Urteil kann bei der nächsten SBV- Wahl 2026 für viele Werkstattbetriebe gravierende Folgen haben, da die Zahl der Wahlberechtigten u.U. deutlich über 100 steigen und damit Auswirkungen auf die Freistellungsmöglichkeiten einer SBV bzw. auf deren Heranziehungsmöglichkeiten haben wird (§ 179 Abs. 4 SGB IX, § 178 Abs. 1 Satz 4 SGB IX).

Wichtig:
Voraussetzung für eine Wahlberechtigung der Werkstattbeschäftigten bleibt die anerkannte Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung nach § 2 Abs. 2,3 SGB IX.
Ein passives Wahlrecht steht den Werkstattbeschäftigten nicht zu, da sie nicht für den Betriebs- bzw. Personalrat wählbar sind, § 177 Abs. 3 SGB IX (s.unten).