Einfaches Wahlverfahren bei räumlich weiter auseinanderliegenden Betriebsteilen? Aufwand, Kosten und Distanz entscheiden!

 

Nach § 18 der Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen (SchwVWO) muss die Schwerbehindertenvertretung in einem vereinfachten Wahlverfahren gewählt werden, wenn ein Betrieb oder eine Dienststelle nicht aus räumlich weiter auseinanderliegenden Teilen besteht und dort weniger als 50 Wahlberechtigte beschäftigt sind. Doch was bedeutet „räumlich weit auseinanderliegende Betriebsteile“ konkret? Wann müssen Sie zwingend im förmlichen Wahlverfahren wählen, wenn Ihr Betrieb aus mehreren Betriebsteilen besteht? Das folgende Urteil beschäftigt sich mit der Definition des Begriffs „räumlich weit auseinanderliegende Betriebsteile“ und hilft Ihnen bei Ihrer Entscheidungsfindung.

 

Das ist passiert:

Das Bundesarbeitsgericht hatte im Rahmen einer vom Arbeitgeber durchgeführten Wahlanfechtung darüber zu entscheiden, ob in einem nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG (in der bis zum 27. Juli 2001 geltenden Fassung) gebildeten Betrieb im Einzelhandel die Wahl im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden konnte. Die einzelnen Verkaufsstellen des Unternehmens lagen bis zu 60 km weit auseinander entfernt.

Das entschied das Gericht:

Die Richter erachteten die Voraussetzung der Verordnung für ein vereinfachtes Wahlverfahren als nicht gegeben und erklärten die Wahl der Schwerbehindertenvertretung für unwirksam. Die Teile des Betriebs (Verkaufsstellen) des anfechtenden Arbeitgebers lägen räumlich so weit auseinander, dass ein förmliches Verfahren geboten sei.
Das vereinfachte Wahlverfahren ist – abgesehen von der Voraussetzung einer geringen Anzahl von Wahlberechtigten – nur dann zulässig, wenn durch die räumliche Nähe der Betriebsteile gewährleistet ist, dass die Wahlberechtigten die Verhältnisse des Betriebs in seiner Gesamtheit und insbesondere die wählbaren Belegschaftsmitglieder kennen. Das ist dann nicht mehr der Fall, wenn persönliche Kontaktmöglichkeiten aller Belegschaftsmitglieder untereinander durch eine Entfernung von bis zu 60 km nur unter Aufwendung von Kosten und Reisezeiten von mehr als einer Stunde denkbar sind.

 

Bundesarbeitsgericht vom 07.04.2004 – 7 ABR 42/03